Vilnius: eine Zeitmaschine zur Sowjetzeit

Die fünf Jahrzehnte andauernde sowjetische Besetzung Litauens (1940-1990) hat den Alltag in der Hauptstadt des Landes sichtbar geprägt – von Architektur und historischen Stätten bis hin zu Essen und Kultur. Als solches bietet Vilnius seinen Besuchern die Möglichkeit, in die Vergangenheit zu reisen, um die sowjetische Geschichte in einer viel liberaleren und sichereren Umgebung zu entdecken. Die Erinnerungen an diese Zeit sind noch frisch, auf den Straßen deutlich sichtbar und in Berichten aus erster Hand zu hören. Besucher von Vilnius werden nach ihrer Landung am Flughafen direkt auf die sowjetische Architektur stoßen – das Ankunftsterminal wurde 1954 errichtet.

Erkundung der legendären Architektur

Obwohl es den Künstlern der Sowjetunion verboten war, nach Inspiration in der Außenwelt zu suchen, konnten litauische Architekten einzigartige Konzepte entwickeln und in erstaunliche moderne Gebäude verwandeln, die sich für jede Hauptstadt geeignet hätten. Die Meinungen über diese Gebäude gehen heute auseinander, die sowjetische Moderne ist aber immer noch einen Blick wert. Die Nationale Kunstgalerie, das Opern- und Balletttheater, das Zentrum für zeitgenössische Kunst, der Konzert- und Sportpalast in Vilnius und der Hochzeitspalast sind nur einige der bekanntesten Beispiele.

Der Bau des höchsten Gebäudes in Vilnius – des Fernsehturms – dauerte sechs Jahre und wurde 1980 fertiggestellt. Heute beherbergt der Turm ein Museum und eine Aussichtsplattform in 165 m Höhe, die sich um 360 Grad dreht und einen perfekten Blick auf die sowjetische Architektur der Außenbezirke bietet. Diese sogenannten Mikrobezirke sind auch ein erstklassiger Ort für Filmsets. Die HBO-Miniserie „Tschernobyl“ und die schwedische Fernsehserie „The Conductor“ sind zwei solcher Produktionen, die vor dem grauen Hintergrund der dort hervorstechenden sowjetischen Gebäude gedreht wurden.

Das wahre Sowjetregime kennenlernen

Für viele Litauer bedeutete das Leben in der Sowjetunion, Verfolgung und Zensur auf einem heute kaum vorstellbaren Niveau ausgesetzt zu sein. Der Besuch des Museums der Okkupationen und Freiheitskämpfe ist eine Erfahrung, die die Augen öffnet. Das Museum befindet sich im ehemaligen sowjetischen KGB-Hauptquartier und erzählt zwei Geschichten: Eine handelt von Hunderttausenden Litauern, die in Gefängniszellen und Folterkammern ums Leben kamen, und die andere handelt vom Widerstand der litauischen Partisanen gegen ihre sowjetischen Besatzer.

Echtes Drama erleben

Keine Geschichte ist überzeugender als eine, die auf persönlicher Erfahrung beruht. Wie war es, Bürger eines totalitären Staates zu sein? Wie war der Kalte Krieg in der UdSSR? Wie haben die Menschen den Terror überlebt? Der 25 Kilometer von Vilnius entfernte und fünf Meter unter der Erde befindliche Sowjetbunker  kann all diese und weitere Fragen beantworten. Dieses interaktive Überlebensdrama bringt die Besucher zurück in das Jahr 1984, als Freiheit in der Sowjetunion unmöglich schien.

Ein paar Souvenirs einkaufen

Flohmärkte und Gebrauchtwarenläden sind mit Erinnerungsstücken aus sowjetischer Zeit gefüllt. Von Pioniernadeln und Münzen bis hin zu Filmplakaten und militärischen Antiquitäten. Der Vilniusser Sammlerclub findet jeden Samstag von 8 bis 12 Uhr im Hotel Karolina in der Nähe des Fernsehturms statt. Außerdem gibt es in der Stadt zahlreiche Pop-up-Flohmärkte. Die Pilies-Straße im Herzen der Altstadt ist voller Nachbildungen sowjetischer Gegenstände und russischer Souvenirs. In Litauen wurde 2008 das Verbot kommunistischer Symbole eingeführt, daher sollten diese Arten von Souvenirs und Erinnerungsstücken von öffentlichen Plätzen ferngehalten werden.

Ein Vorgeschmack der Vergangenheit

Es mag unmöglich sein, sich in die Vergangenheit zu teleportieren, aber es ist immer noch möglich, sie zu probieren. Jedes Kaufhaus bietet sowjetische Favoriten an – Kwas und „Hematogenas“, einen Ernährungsriegel mit Albumin. Zum Mittagessen wird „Sultiniai“, die älteste Taverne der Stadt, zu einer Zeitmaschine, die die Gäste 30 Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt – dieselben Stehtische, Hühnerbrühe, zu der ein mit Fleisch gefülltes Brötchen serviert wird, und andere traditionelle Speisen sind hier seit einer Ewigkeit Grundnahrungsmittel. Der Besuch des Litauischen Nationaltheaters für Oper und Ballett ist ein Muss für alle, die sich sowohl für sowjetische Architektur als auch für Essen interessieren: Die im Café servierte heiße Schokolade hat sich im Laufe der Jahre nicht verändert.

Auf sowjetischer Tour

Ein paar Stunden mit einem Fremdenführer, der die Sowjetzeit aus erster Hand erlebt hat, durch Vilnius zu spazieren, vermittelt ein anderes Verständnis des Lebens in dieser Zeit. Jede Straße und jedes Gebäude hat eine besondere Geschichte – manche dunkel, andere lustig. Um das Erlebnis der Tour noch zu steigern, ist die Anmietung eines sowjetischen Oberleitungsbusses eine einmalige Gelegenheit, mit einem Transportmittel der Vergangenheit durch die Straßen von Vilnius zu fahren.

Einblick in das tägliche Leben

Das Energie- und Technologiemuseum ist der beste Weg, um authentische sowjetische Interieurs und verschiedene Produkte zu sehen, die während der Sowjetzeit in Vilnius hergestellt wurden. Staubsauger, Fernseher, Möbel und vieles mehr – die Ausstellungsgegenstände gab es in fast allen Haushalten im sowjetischen Vilnius. Und viele von ihnen werden noch heute in den Häusern der älteren Generation verwendet.

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